Endlich ein normales Leben

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Familientreffen mit Politikern: Swetlana, Mamikon (Dritter von rechts) und Vater Ashot Sogamanian (rechts) mit Christian Schwarz-Schilling. Der CDU-Landratskandidat Thorsten Herrmann (Zweiter von links) nutzte die Chance, die Familie kennenzulernen. Bild: Nissen

Familientreffen mit Politikern: Swetlana, Mamikon (Dritter von rechts) und Vater Ashot Sogamanian (rechts) mit Christian Schwarz-Schilling. Der CDU-Landratskandidat Thorsten Herrmann (Zweiter von links) nutzte die Chance, die Familie kennenzulernen. Bild: Nissen

Wie  Flüchtlingsfamilie Sogamanian ein Jahr nach der Rückkehr lebt.

Von Klaus Nissen

ALTENSTADT – Sie leben in verschiedenen Welten – die Flüchtlingsfamilie Sogamanian und  Christian Schwarz-Schilling, der ehemalige Bundesminister und Hohe Repräsentant für Bosnien und Herzegowina. Ashot Sogamanian (55) und seine Frau Swetlana (50) verdienen wenig Geld als Reinigungskräfte. Schwarz-Schilling (83) hat Bezüge aus Unternehmensbesitz und Pensionen aus politischen Ämtern. Seine Visitenkarte nennt Adressen in Büdingen, Berlin und in Sarajewo, wo er zurzeit eine Professur innehat. Trotzdem sitzen die Sogamanians und Schwarz-Schilling fröhlich zusammen im Restaurant des Altenstädter Bahnhofs. Mit dem 22-jährigen Sohn Mamikon verbindet den Politiker sogar eine Duzfreundschaft. „Einmal im Monat besuche ich ihn zu Hause in Büdingen“, erzählt der junge Altenstädter. „Wir babbeln beide gern, und da kann es leicht bis in die Nacht gehen.“ Nach der aufgehobenen Abschiebung führen die die Sogamanians führen endlich ein normales Leben. weiter lesen

Abiktia und Tsering in Not

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 Kinderschicksal in Nepal: Der Vater trinkt, die Mutter brachte sich um

Das Foto aus dem Dezember-Rundbrief des Kinderhauses Kathmandu zeigt einen nepalesischen Polizeioffizier (rechts), der die Geschwister Abiktia und Tsering nach der Selbsttötung ihrer Mutter bei Lydia Schmidt im Kinderhaus von Budhanilkanta abliefert.

Das Foto aus dem Dezember-Rundbrief des Kinderhauses Kathmandu zeigt einen nepalesischen Polizeioffizier (rechts), der die Geschwister Abiktia und Tsering nach der Selbsttötung ihrer Mutter bei Lydia Schmidt im Kinderhaus von Budhanilkanta abliefert.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

„Im September haben wir zwei Kinder in Not aufgenommen“, berichtet Lydia Schmidt. Abiktia und ihr kleiner Bruder Tsering leben im Tal von Kathmandu. Ihr Vater ist Alkoholiker, die Mutter fing aus Verzweiflung auch zu trinken an. Die beiden Kinder waren auf sich gestellt. Ab und zu wurden sie von Nachbarn versorgt. Der Vater schickte die achtjährige Abiktia gelegentlich zu reicheren Nepalis, damit sie dort im Haushalt helfen und Geld verdienen konnte.

Abiktia und Tsering in Not

Das haben die Eltern dann in Alkohol umgesetzt. Im September hat sich die Mutter vor den Augen der Kinder erhängt, berichtet Lydia Schmidt. Die Polizei nahm die Kinder und lieferte sie im nahegelegenen Kinderhaus der Bad Nauheimerin in Budhanilkanta ab.
Inzwischen haben sich die beiden gut im Kinderhaus eingelebt, so Lydia Schmidt. Abiktia, die seit frühester Kindheit für die Familie kochen musste, genießt es sehr, sich abends an einen gedeckten Tisch setzen zu können. Trotzdem hilft sie gern in der Küche mit. Die Geschwister sind noch etliche Jahre auf das Kinderhaus und auf westliche Spender angewiesen, die ihnen den Schulbesuch ermöglichen können.

Kein Strom im Kinderhaus

In Nepal bricht dauernd das Netz zusammen, und Generator-Diesel ist teuer. Lydia Schmidt sammelt deshalb Geld für Solarpanels

Rund um die Uhr Strom zu haben, ist nicht selbstverständlich. Nur etwa neun Stunden täglich funktioniert das Netz in dem von der Bad Nauheimerin Lydia Schmidt aufgebauten Kinderhaus in Budhanilkanta bei Kathmandu. Just wenn es am späten Nachmittag dunkel wird, fällt der Strom regelmäßig in der nepalesischen Millionenstadt und drumherum aus. Lydia Schmidt: „Die Generatorkosten sind durch das teure Benzin so gestiegen, dass sie kaum noch bezahlbar sind. Wir werden für die Zukunft auf Solarstrom umsteigen müssen.“ Die Kosten schätzt die Vorsitzende des Vereins Kinderhaus Kathmandu auf 7000 Euro. „Dafür brauchen wir dringend Geld“, so Schmidt. Steuerlich absetzbare Spenden sind über die Sparkasse Oberhessen möglich: Die IBAN lautet: DE39518500790012002246, BIC: HELADEF 1 FRI.
Die Inflation in Nepal beträgt inzwischen übrigens bis zu 40 Prozent. Das Kinderhaus ist auf deutsche Helfer angewiesen, um zahlreiche Waisen und Behinderte betreuen zu können. Gesichter bekommen sie im neuesten Rundbrief, den man bei Annika Schmidt über die Mailadresse kinderhauska@yahoo.com anfordern kann. Mehr über das Projekt auf
www.kinderhaus-kathmandu.de

Interview mit der Kinderhaus-Gründerin Lydia Schmidt auf
www.fr-online.de/bad-vilbel/entwicklungshilfe-bad-nauheim–unser-verein-tut–was-er-kann-,1472868,23515990.htm

Lydia (links) und Annika Schmidt vor dem Kinderhaus in Budhanilkanta bei Kathmandu in Nepal. Sie nehmen Waisernkinder auf und sorgen für ihre Ernährung und Schulausbildung.

Lydia (links) und Annika Schmidt vor dem Kinderhaus in Budhanilkanta bei Kathmandu in Nepal. Sie nehmen Waisernkinder auf und sorgen für ihre Ernährung und Schulausbildung.

Flott auf die Autobahn

Schnipp-Schnapp auf der neuen Kreisstraße 11: Landrat Joachim Arnold (in der roten Jacke), rechts daneben Rosbachs Bürgermeister Thomas Alber (Bild: Wetteraukreis)

Schnipp-Schnapp auf der neuen Kreisstraße 11: Landrat Joachim Arnold (in der roten Jacke), rechts daneben Rosbachs Bürgermeister Thomas Alber (Bild: Wetteraukreis)

Neue Strecke von Wöllstadt an Rosbach vorbei eröffnet – mit Stauprognose für Ober-Wöllstadt

Freie Fahrt gibt es ab Mittwochmorgen für alle, die aus der mittleren Wetterau auf die Autobahn streben. Die Kreisstraße 11 von Ober-Wöllstadt führt nun südlich um Nieder-Rosbach herum und mündet an der Autobahn-Abfahrt Friedberg auf die Bundesstraße 455. Rund zehn Millionen Euro investierten das Land, der Kreis und die Stadt Rosbach in das 3,4 Kilometer lange neue Straßenstück. Von Ober-Wöllstadt aus kann man nun in fünf Minuten zur Autobahn gelangen – und umgekehrt. Diese Strecke werden bald die vielen Pendler aus Florstadt, Ossenheim, Friedberg. Niddatal  und der Reichelsheimer Gegend entdecken, die sich bislang täglich auf der notorisch überlasteten B455 von Friedberg zur Autobahn in Richtung Frankfurt quälen.

Alles ganz prima, verlautbart Landrat Joachim Arnold: Die Südumgehung befreie die rund 2500 Nieder-Rosbacher vom Lärm der durchfahrenden Autos. Außerdem erschließe die neue Straße bis zu 14 Hektar für Läden und Hallen am Rande des Rosbacher Gewerbegebietes.

Flott auf die Autobahn – doch in Ober-Wöllstadt sind Staus programmiert

Es gibt nur einen Schönheitsfehler, den Arnold verschweigt: Die neue Ost-West-Verkehrsachse endet mitten in Ober-Wöllstadt. Pendlerautos und Lastzüge müssen sich dann durch die enge Ortsdurchfahrt schlängeln, um schließlich über Friedberg-Süd nach Osten zu gelangen. Im Zentrum von Ober-Wöllstadt wird es also laut und gefährlich bleiben. Staus in der Ortsmitte sind vorprogrammiert.

Den 2600 Einwohnern ist das noch nicht klar. Sie hoffen, dass ihnen ab 2016 die neue Bundesstraße 3 Ruhe bringt. Das ist aber nicht zu erwarten. Denn die rund 30 Millionen Euro teure Nord-Süd-Verkehrsachse wird östlich um Ober-Wöllstadt herum gebaut und hat somit keinen direkten Anschluss an die Kreisstraße 11. Den von der Autobahn kommenden Durchgangsverkehr hätte sie nur dann aufnehmen können, wenn die B3a westlich um Ober-Wöllstadt herum geführt würde. Das ist aber nicht geplant. Seit 40 Jahren hatte man über die Notwendigkeit von Umgehungsstraßen diskutiert. Nicht lange genug, um auf die einfachste und sinnvollste Lösung zu kommen.

Die Scheiben vibrieren

Trotz Beschwerden gibt es kein Tempolimit in Ober-Mockstadts Ortsdurchfahrt

Ranstadt. „Wer hier über die Straße will, muss schnell sein. Sicherheitshalber drei- oder viermal in beide Richtungen gucken und dann rennen.“ Rainer Michel wundert sich, dass in der 600 Meter langen Ortsdurchfahrt von Ober-Mockstadt noch niemand totgefahren wurde. Die Bundesstraße 275 ist

acht Meter breit und leicht abschüssig. Es komme durchaus vor, dass eilige Autofahrer mit Tempo 80 bis 100 unterwegs sind. Morgens ab halb vier rolle die Karawane zur Frühschicht nach Frankfurt, sagt Ladenbesitzer Michel, der an der Friedberger Straße Zeitungen, Zigaretten und Lebensmittel verkauft. „Wenn die Lastwagen an der Steigung zurückschalten, vibrieren bei mir die Fenster.“ Zur Verkehrsberuhigung hätte man seiner Meinung nach bei der Straßen-Erneuerung vor etwa fünf Jahren einen Fahrbahnteiler in der Ortsdurchfahrt installieren müssen. Das ist aber nicht passiert.
In den letzten zehn Jahren habe der Durchgangsverkehr stark zugenommen, findet der Anwohner. Es sind nach Schätzung der Polizei etwa zehntausend Autos pro Tag. Die meisten der 825 Einwohner nehmen das hin. Auch Rainer Michel ruft nicht zur Gründung einer Bürgerinitiative auf.
Vehementer protestiert dagegen Karin Meub, die schräg gegenüber in einer alten Hofreite wohnt. Die Breite und Übersichtlichkeit der Straße verleite die Fahrer zu hohem Tempo, so die Ober-Mockstädterin. Just als sie dieses sagt, donnert ein Lastwagen ungebremst nur wenige Zentimeter an einem haltenden Bus der Linie 4 vorbei. Dass Passagiere hinter ihm hervortreten könnten, kam dem Fahrer wohl nicht in den Sinn. „Es kommt echt Freude auf“, ergänzt die Anwohnerin, „wenn in der Rechtskurve Richtung Nidda Autos auf die Gegenfahrbahn geraten, weil sie zu schnell sind.“ Das habe sie schon mehrfach gesehen.
Immer wieder beschwert sich Karin Meub im Ranstädter Rathaus über den Verkehr. Sie fordert Tempo 30 und häufigere Geschwindigkeitsmessungen in der Ortsmitte. Doch die Gemeinde habe „ganz offensichtlich kein Interesse, etwas gegen das hohe Verkehrsaufkommen zu unternehmen“, so Meub.
Bürgermeisterin Cäcilia Reichert-Dietzel widerspricht: „Wir brauchen Tempo 30 und markierte Parkbuchten auf der Straße“, sagt die SPD-Politikerin. „Aber das wurde in den Verkehrsschauen immer wieder abgelehnt.“ Die Ober-Mockstädter Ortsdurchfahrt sei nun mal eine Bundesstraße, da habe die Gemeinde wenig zu melden. Und häufigere Tempomessungen würden das Problem nicht lösen, meint Reichert-Dietzel. Im übrigen sei die Verkehrslage auf der Bundesstraße 457 in Ranstadts Ortsmitte mindestens genauso schlimm. Vor der Apotheke müsse dringend eine Fußgänger-Ampel installiert werden. Aber das lehne die Verkehrsbehörde des Kreises ab.
„Auf Bundesstraßen muss der Verkehr auch fließen können“, sagt Kreis-Sprecher Michael Elsaß im Namen der Verkehrswächter. In Ober-Mockstadt seien die Bedingungen für eine Tempo-30-Zone nicht gegeben. In dem kleinen Ort „laufen auch nicht gerade die Massen an Fußgängern.“ Trotzdem würde man den Bau einer zweiten „Querungshilfe“ für Fußgänger prüfen, falls die Gemeinde sie beantrage.
In diesem Jahr habe es nur vier Unfälle in der Ortsdurchfahrt gegeben, so Polizeisprecher Jörg Reinemer auf Anfrage. 2012 waren es noch weniger. Gefährlicher sei die Situation im benachbarten Nieder-Mockstadt. Deshalb wurden die Engstellen dort zur Tempo-30 Zone erklärt.
Fazit: Auch in Zukunft werden die Autofahrer flott durch Ober-Mockstadt kommen. Gelegentlich mahnt sie ein mobiles Blitzgerät, nicht schneller als fünfzig zu fahren. Ein stationäres Blitzgerät oder eine Ampel, die bei erhöhtem Tempo auf Rot schaltet, sind nicht geplant. Er habe in Berlin eine Umgehungsstraße für Ober-Mockstadt beantragt, meldete im Oktober der hessische Noch-Verkehrsminister Florian Rentsch (FDP). Doch nicht einmal der Anwohner Rainer Michel macht sich Hoffnung, dass die Umgehung noch zu seinen Lebzeiten gebaut wird. Zum einen müsste sie durch die wertvollen Biotope an der Nidda verlaufen. Zum anderen wäre es viel wichtiger, zuerst Umfahrungen für Ortenberg-Selters und Büdingen-Büches zu bauen. Denn da seien die Ortsdurchfahrten noch gefährlicher und enger als in Ober-Mockstadt.

Römische Kaserne mit Gemeinschaftsklo

Ausgräber finden in Friedberg Scherben, Münzen, Murmeln und einen rätselhaften Graben

Das Loch an der Kaiserstraße ist so groß wie ein Fußballfeld. Wo bald der Elvis-Presley-Platz entstehen soll, wühlten seit März bis zum 15. November Archäologen im Untergrund. Sie legten ein Gewirr aus Mauern, Treppen und Leitungen frei: „Wir haben mehr als 500 Strukturen aus der Römerzeit bis ins 19. Jahrhundert gefunden“, sagte Grabungsleiter Roland König zum Schluss der Ausgrabungssaison. Viele Schubladen voller Scherben, knapp 40 verrostete Münzen und zahlreiche Glasmurmeln, die die Kinder in den letzten 1800 Jahren beim Klickern in den Ritzen des Straßenpflasters verloren haben.

 

Der merkwürdigste Fund ist ein mächtiger Graben aus dem 12. oder 13. Jahrhundert. Er verläuft  mindestens 70 Meter weit schräg parallel zur Kaiserstraße, die im ersten Jahrhundert von den Römern gebaut wurde. „Der Graben ist zweieinhalb Meter tief und fast drei Meter breit“, berichtet Archäologe König. „Er hatte steile Wände und ist aufwendig gebaut worden. Wir haben keine Ahnung, wozu er diente.“ In Höhe der Fußgängerampel vor der Schillerlinde verschwindet der Graben unter der Kaiserstraße.

Drei Meter davon entfernt, vor dem Eingang zum Blumenhaus Koch, stießen die Ausgräber auf ein Viereck mit pechschwarzer Erde. „Das war die römische Gemeinschaftslatrine“, behauptet König. Ein Kanal führte vom sicherlich einst mächtig stinkenden Loch nach Westen in Richtung Seewiese. Vermutlich stand ein Haus aus Holz oder Stein über dem Gemeinschaftsklo – nur etwa zehn Meter vom heutigen Café Rund entfernt. So ist ausgerechnet dieses unscheinbare Toilettenhaus das Gebäude, das in Friedberg die längste Tradition von allen hat. Sie reicht etwa 1800 Jahre zurück.

Römische Kaserne mit Gemeinschaftsklo

Eine zweite römische Latrine fanden Roland König und seine Grabungshelfer nur wenige Meter südlich in Höhe der Metzgerei Engel. Vielleicht gehörte sie zur Sanitärbaracke der ersten römischen Kaserne Friedbergs. Bisher hatte man die Unterkunft der syrischen Bogenschützen immer nur im Burggelände vermutet. In diesem Sommer aber entdeckten die Archäologen viel weiter südlich in Höhe der Haagstraße hellgraue Streifen im Lehm: die einst hölzernen Fundamente großer Gebäude. Ihre Ausmaße könnten denen von anderswo gefunden Mannschaftsbauten entsprechen.

Ursprünglich bauten die Römer Holzhäuser in  ihrer Friedberger Festung – im dritten Jahrhundert wuchsen dann Steingebäude. Alle 7,6 Meter sind ihre quer zur Kaiserstraße verlaufenden Mauerfundamente in diesem Sommer gefunden worden. Die Häuser standen also mit der Giebelseite zur Straße, so wie die heute noch an der Kaiserstraße residierenden Gebäude aus dem 14. bis 20. Jahrhundert. Doch um 260 nach Christus verließen die Römer Friedberg. Die Häuser verfielen. Im Mittelalter gab es an dieser Stelle einen Platz mit eher schäbigem Pflaster, das man heute noch an den Rändern der Grube sieht, knapp einen Meter unter dem modernen Basaltpflaster. Sogar die Wagenspuren sind darin noch erhalten. „Jeden einzelnen Pflasterstein haben wir mit der Kelle freigelegt“, berichtete Roland König. Man fand auch einen großen, gelben, konischen  Sandstein mit einer Mulde. Vielleicht das Fundament eines großen Tor-Scharnieres? Daneben ein miteinander verbackener Steinhaufen. Das ist das Fundament des 1904 eingeweihten Kriegerdenkmals vor der heutigen Tchibo-Filiale. Im  Zweiten Weltkrieg hatte man den großen Bronzeadler zum Kanonenbau eingeschmolzen, in den Fünfzigerjahren wurde das Denkmal  ganz beseitigt.

Im Frühjahr 2014 geht die Grabung weiter. Dann wird die Gasse direkt vor den Geschäften aufgebuddelt, außerdem die Wolfengasse. Auch darunter werden sich Zeugnisse einer langen Geschichte finden.

Wasserbüffel erobern Landebahn

Die Rinder mit den halbmondförmigen Hörnern liegen gern in Pfützen und fressen auch Schilf

Die Rinder mit den halbmondförmigen Hörnern liegen gern in Pfützen und fressen auch Schilf

Wasserrinder übernehmen Büdinger US-Helikopterplatz

Wo 2005 noch Kiowa-Kampfhubschrauber dröhnten, wird bald die Gelbbauchunke quaken und der Weißstorch mit dem Schnabel klappern. Die 600 Meter lange und 23 Meter breite Landebahn, die Hangars und Werkstätten des Armstrong Airfield neben der Bundesstraße von Büches nach Büdingen sind Geschichte. Der Bund hat den Asphalt und Sondermüll entsorgt, die noch brauchbare Beleuchtungsanlage und Werkstatt der Amerikaner nach Polen verkauft. Die stählernen Spundwände am Seemenbach ließ die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima) ziehen und verschrotten. Die Wasserpumpen wurden erstmals seit 1958 abgestellt und das Ufer abgeflacht. Jetzt stehen Tümpel auf dem einstigen Hangargelände; auf dem Ex-Parkplatz wächst bereits Schilf. „Wir hoffen auf Eidechsen, Bekassine, Braunkehlchen, Eisvögel, breitblättriges Knabenkraut und Fuchssegge“, schwärmte Landrat Joachim Arnold am Mittwoch beim Ortstermin im neuen Feuchtbiotop. Auch Biber seien schon gesichtet worden, so der Bima-Projektleiter Dominique Meyer. Ein kleiner Sandstrand am Hangar-Tümpel werde vielleicht zum Wohnzimmer von Sumpfschildkröten.

Wasserbüffel erobern Landebahn

Fünf Wasserbüffel werden ab nächstem Frühjahr dafür sorgen, dass die bald 20 Hektar große Fläche am Seemenbach licht und artenreich bleibt. Die bis zu 700 Kilo schweren Rinder mit halbmondförmig zurückgebogenen Hörnern fressen übermäßig wucherndes Röhricht und Wassergräser. Ihre Trittspuren werden zu Mini-Biotopen für Insekten und Lurche. Ein Elektrozaun wird laut Züchter Siegfried Leimberger dafür sorgen, dass sich die Büffel und Menschen nicht in die Quere kommen. Daheim in Ortenberg-Gelnhaar besitzt der Bio-Rinderzüchter die größte Wasserbüffelherde Hessens mit rund 80 Tieren.
Mehrere Millionen Euro kostet laut Dominique Meyer die Umwandlung des Militärstützpunktes in ein hochwertiges Biotop. Dieses Geld kann die Bima wieder hereinholen, indem sie Ökopunkte verkauft: Wer große Hallen oder Wege baut, muss für die Versiegelung der Fläche zahlen.

Neue Häuser für die Feuerwehren

Geld fließt vor allem für Modernisierung der alten Gerätehäuser

Von Klaus Nissen

WETTERAUKREIS. Rund eine halbe Million Euro überweist das Land Hessen demnächst in die Wetterau, um die Feuerwehren zu modernisieren. Die Zuschüsse sind für Feuerwehrautos in Büdingen, Nieder-Mockstadt, Rosbach und Weckesheim bestimmt. Ein neues Feuerwehrhaus wird 2014 allerdings nur in Rodheim bei Rosbach gefördert, teilte Landrat Joachim Arnold mit. Kein Geld vom Land für neue Häuser für die Feuerwehren gebe es vorläufig  inUnter-Schmitten, Dauernheim und Heuchelheim. C. Auch der Kreis hält sich aus der Finanzierung heraus.

Die betroffenen Brandschützer wirken trotzdem nicht traurig, weil ihre Förderungsanträge abgelehnt wurden. Sie äußerten im Gespräch mit dem Landboten die Hoffnung, dass ihre Gerätehäuser vielleicht schon 2014 erneuert werden. Auf Kosten der Gemeinden.

Beispiel Unter-Schmitten: „Unser Neubau wird vom Land nicht gefördert, aber trotzdem gebaut.“ Der Feuerwehrvorsitzende Martin Franz setzt darauf, dass die Stadt Nidda ihr Versprechen hält, den knapp 900 Stadtteil-Bewohnern das neue Gerätehaus notfalls auf städtische Kosten an der Brückenstraße hochzuziehen. Das Grundstück gegenüber dem jetzigen Bau habe sie schon gekauft. Der Neubau tue not, denn das alte Haus sei in „extrem desolatem Zustand. Im Moment haben wir nur einen acht Quadratmeter kleinen Umkleideraum für 35 Feuerwehrleute“, klagt Franz, der auch stellvertretender Wehrführer ist. Der Neubau solle zwei Umkleideräume bekommen, damit sich die Frauen nicht vor den Augen der Männer die Einsatzkleidung anziehen müssten. Die Hälfte der Truppe in Unter-Schmitten sei nämlich weiblich.

Um die Baukosten für die Stadt möglichst klein zu halten, will die Wehr selbst anpacken, Fliesen verlegen, die Heizung und Elektrokabel installieren. „Es wird ein einfacher Industriebau“, verspricht Franz, kleiner als die Feuerwehrhäuser in Ulfa und Eichelsdorf. Aber groß genug, um die gut 40-köpfige Jugendabteilung zu betreuen. „Wir sind eine der größten Jugendfeuerwehren im Kreis“, sagt der Vorsitzende stolz.

Die Hoffnung stirbt zuletzt

Auch in Dauernheim hält es der Feuerwehr-Sprecher Volker Meub für möglich, dass trotz der Absage vom Land noch 2014 ein neues Gerätehaus entsteht. „Die Hoffnung stirbt zuletzt“, sagt er. Der Altbau in der ehemaligen Schule an der Kirchbergstraße sei viel zu eng. Eine Erweiterung sei „wegen des Denkmalschutzes nicht zu machen“. Der Neubau soll auf dem Parkplatz neben der Turnhalle wachsen. Er sei auch deshalb nötig, weil der Ranstädter Ortsteil durch das Neubaugebiet auf rund 1700 Einwohner gewachsen ist und weil das Gemeindeparlament sich für den Erhalt der örtlichen Feuerwehren ausgesprochen habe. So kamen zuletzt auch die Bobenhausener und Bellmuther zu neuen Feuerwehrhäusern. Und wenn es 2014 mit dem Bau in Dauernheim nicht klappt, so hoffe man auf das Jahr 2015. Schließlich wurde der Neubau erst vor wenigen Monaten beantragt, sagt Meub.

Ähnlich sieht es der Heuchelheimer Feuerwehrvorsitzende Bernd Mayer. „Wir haben unser neues Feuerwehrhaus erst in diesem Sommer bestellt. Da wussten wir, dass wir beim ersten Mal wohl noch nicht zum Zuge kommen.“ Vielleicht gebe es ja 2015 einen Landeszuschuss für den rund 450 Einwohner zählenden Stadtteil von Reichelsheim. Der etwa 700 000 Euro teure Neubau soll auf dem Gelände des städtischen Bauhofs entstehen und Platz für die beiden Fahrzeuge, den Schulungsraum und die Ausrüstung der 28-köpfigen Einsatzabteilung bieten. Prima wäre es laut Mayer, wenn das Land Hessen sich mit 130 000 Euro beteiligen könnte. Aber notfalls würden die Reichelsheimer Stadtverordneten die Kosten wohl alleine stemmen. Auf Landes-Geld hofft Mayer auch deshalb, weil Heuchelheim mit Blofeld im Dorferneuerungsprogramm des Landes ist. Und das sieht vor, das marode Feuerwehrhaus am Dorfplatz zu entkernen und spätestens 2019 in eine offene Markthalle umzuwandeln.

Apfelwein wird zum Kult-Produkt

 Kelterer setzen auf süße und gemixte Apfelweine

Die Kelterer produzieren immer mehr süße Apfelwein-Varianten und finden damit jugendliche Kunden. Der Rückgang des Apfelwein-Konsums sei gestoppt. Das aktuelle Sommerwetter macht das Glück der Produzenten perfekt. Apfelwein wird zum Kult-Produkt.

 Es musste etwas geschehen. Der von Natur aus eher saure Apfelwein fand im letzten Jahrzehnt immer weniger Genießer. Ältere Leute, die ihren Schoppen aus Gewohnheit nicht nur gespritzt, sondern auch pur trinken. «Wir hatten Angst, dass uns die Kunden wegsterben», gesteht Christoph Heil, Keltereibesitzer in Laubuseschbach.Inzwischen blickt er optimistisch in die Zukunft. Es sei seiner Firma und der ganzen Branche gelungen, mit Marketing und neuen Produkten das Image des hessischen Regionalgetränks zu erneuern. Den Anfang machte vor fünf Jahren der alkoholfreie Apfelwein. Jetzt sind auch Mixgetränke der Renner: Gute Umsätze bringen laut Heil zum Beispiel der mit Kräuteraromen angereicherte «Hessen Sprizz“ und der in diesem Jahr eingeführte «Hessen Hugo» – eine nach Südtiroler Rezept erstellte Mischung aus Apfelwein, Holunderblütensirup, Prosecco, Limette und Minze. Etliche Kunden kauften diese Produkte schon wegen der korpulenten Badeanzug-Gestalten auf dem Etikett, berichtet Heil.

apfelwein

Die zur Hassia-Gruppe gehörende Großkelterei Höhl in Maintal-Hochstadt macht mit Lifestyle-Apfelwein ähnlich positive Erfahrungen. Fruchtig-süffige Mixgetränke in kleinen Longneck-Flaschen verkaufen sich gut, berichtet Johanna Höhl. Die mit 2,3 Prozent nur gering alkoholhaltige Getränkegattung «spricht die junge, unkomplizierte und feierfreudige Zielgruppe der Partygänger an», so die Herstellerin. Es sei gelungen, neue Zielgruppen zu finden. Etwa die Frauen. «Der Umsatz mit unserem Rosé-Apfelwein entwickelt sich wunderbar», so die Keltereichefin. Der mit zwei Prozent Johannisbeersaft gefärbte Apfelwein gefalle Leuten, die auch Prosecco trinken. Zunehmend sei der Rosé-Äppler in Supermärkten gefragt. Den größeren Keltereien gelang es sogar, mit Cola gemischten Apfelwein an junge Kunden zu bringen.

Apfelwein wird zum Kult-Produkt

Nicht nur süße Zusätze – auch geschickte Vermarktung nutzen etliche Hersteller, um Apfelwein «hip» zu machen. Die Kelterei Possmann bietet zum Beispiel eine Äppler-App zum Download an. Smartphone-Besitzer können damit herausfinden, wo das nächste Stöffchen zu haben ist, virtuelle Strichlisten führen und hessische Floskeln üben. Die 2007 gegründete Marke «Bembel with Care» in Mannheim vertreibt ihren Lifestyle-Apfelwein per Internet-Versand und sammelt auf der eigenen Facebook-Seite positive Bewertungen (Likes). Die damaligen Design-Studenten Kjetil Dahlhaus und Benedikt Kuhn erklärten ihr Lieblings-Getränk einfach zum «Kult». Er wird in schwarze Dosen abgefüllt. Zusätzlich kann man schwarze Bembel kaufen. Inzwischen vertreibt auch die Frankfurter Kelterei Possmann Apfelwein in Dosen, speziell für Eintracht-Fans mit dem Adlerwappen des Bundesliga-Vereins verziert.

Die zweite Vermarkungsschiene richtet sich an Menschen, die edle Produkte mögen und kaufen. So mischt Höhl seinen Apfelwein mit Sekt und Wein aus Oestrich-Winkel. Bembel-with-Care entwickelte einen Apfel-Schaumwein, der beim ersten Wettbewerb gleich den «Pomme d’Or» erhielt. Was für Apfelwein-Connaisseurs wichtig ist, meldet der Frankfurter Konstantin Kalveram im Netz auf der Seite «Apfelwein-Blog.de». Im Stadtteil Sachsenhausen gründete er mit Michael Rühl ein Apfelwein-Kontor, das auch mal zweistellige Euro-Preise für gute Tropfen kleinerer Hersteller aus Hessen und dem Ausland verlangt. Es gebe zwar viele gute Standard-Apfelweine aus dem Supermarkt, so Rühl. «Doch eigentlich schmecken die alle gleich.» Der Rohstoff sei Tafelobst von Bodensee oder aus Polen. «Apfelwein braucht Streuobstwiesen, Äpfel von alten Sorten, die knorzig auf den Bäumen wachsen.» Leider lohne es sich kaum noch, diese Wiesen zu pflegen oder für acht Euro pro Doppelzentner die Äpfel zum Keltern zu liefern.

Dieser Einwand trübt die gute Stimmung allerdings nicht. Sowohl Rühl, als auch die Mannheimer Dosen-Kelterer und die Maintaler Rosé-Produzenten sehen Marktchancen für ihre Produkte in fernen Bundesländern und sogar im Ausland. «Wir exportieren nun nach Australien», berichtet Apfelwein-händler Rühl. Dort gebe es noch keine Hersteller, obwohl der «Cider» down under sehr beliebt sei.

Jeder Hesse trinkt fünf Liter im Jahr

Rund 33 Millionen Liter Apfelwein produzierten die 43 Mitgliedsbetriebe im Verband der hessischen Apfelwein- und Fruchtsaftkeltereien im vorigen Jahr. Hinzu kommt die nicht statistisch erfasste Apfelweinproduktion der selbstkelternden Wirte und Direktvermarkter und der zahlreichen hessischen Obst- und Gartenbauvereine. Im Durchschnitt trinkt jeder Hesse pro Jahr fünf bis sechs Liter Apfelwein, schätzt der Verband der Kelterer. Kelterer Christoph Heil in Laubuseschbach vermutet, dass jeder Deutsche im Jahresdurchschnitt höchstens einen halben Liter Apfelwein zu sich nimmt. Das sei steigerungsfähig. Am meisten Apfelwein wird zwischen Kassel und Mannheim getrunken, mit einem deutlichen Schwerpunkt im Rhein-Main-Gebiet. Auch in den angrenzenden Bundesländern können die größeren Keltereien die Supermärkte beliefern. Neu auf den Markt kommen laut Verband immer mehr Apfelwein-Mixgetränke. Sie seien zum Beispiel in Berliner Szene-Bars sehr beliebt. Insgesamt machten die Mixgetränke rund zehn Prozent des gesamten Umsatzes der Branche aus – mit wachsender Tendenz. Die Apfelweinproduktion selbst ist laut Verband nicht mehr rückläufig.

Die Politiker und Tourismusmanager müssten mehr für das «hessische Kulturgut» Apfelwein unternehmen, fordert der Frankfurter Branchenkenner und Apfelweinhändler Michael Rühl. Sie müssten mehr unternehmen, um die Streuobstwiesen zu erhalten und das Getränk zu vermarkten. Der für seine veredelten Apfelweine und –brände bekannte Kelterer Jörg Stier aus Bischofsheim sieht das ähnlich: Es gebe einen großen Nachholbedarf, die einzigartige hessische Apfelkultur zu pflegen, zu vermarkten und auszubauen. Ausländische Touristen seien fasziniert, wenn sie in seinem Laden entdecken, dass man neben Getränken auch Käse, Schokolade, Wurst, Brot, Senf und mehr mit Äpfeln oder Apfelwein herstellen kann. Diese neuen und alten Apfelprodukte ernähren laut Stier inzwischen etliche Hersteller. Zu finden sind sie unter anderem in den drei Frankfurter Hessen-Shops.

Nachrichten aus der Apfelweinszene finden Sie im Apfelwein-Blog