Der Ausflugstipp zu Pfingsten
Von Corinna Willführ
Wasser und Wind trieben sie an. Sie produzierten Getreide, Öl, Papier und waren Inspiration für Dichter und Ingenieure. Seit rund 2500 Jahren nutzt der Mensch Mühlen als Kraftmaschinen – und seit 1994 stehen sie immer an Pfingsten im Mittelpunkt des Deutschen Mühlentags. In diesem Jahr am Montag, 9. Juni – auch in der Wetterau und im Taunus.
Mühlentag in Wetterau und Taunus
Mühlenmodellmuseum
Wir fangen klein an – und doch ganz groß: im Ranstädter Ortsteil Dauernheim. Denn dort in der Weidgasse 12 gibt es seit Mai vergangenen Jahres das Mühlenmodellmuseum. Unter dem Titel „Gegenwart kann auf das Wissen der Vergangenheit nicht verzichten“ zeigt die Ausstellung mehr als 40 Mühlen im Miniatur-Format. Unzählige Stunden verbrachten Robert Adam und Hans Zaminer, die als die „Väter des Mühlenmodellmuseums“ gelten, mit ihren Mitstreitern, um aus Sperrholz und Pressspan, Gips und Styropor, Gewindestäben und Kugellager originalgetreue Abbilder von Mühlen (nicht nur) aus der Region zu bauen. Zehn Jahre lang haben Adam und Zaminer Mühlenstandorte im Einzugsgebiet der Nidda besucht und analysiert. Eine wahre Fleißarbeit, von der das von ihnen erstellte Mühlenkataster zeugt. Circa 500 Mühlenstandorte mit rund drei Dutzend verschiedenen Nutzungen – von der Ölmühle bis zum Sägewerk – in der Wetterau kann der Museumsbesucher auf einer Wandkarte entdecken. Wind und Wasser benötigen die Mühlenfreunde aus Dauernheim nicht, um ihre Wasserräder oder Windmühlenflügel in Bewegung zu setzen. Die meisten Modelle funktionieren auf Knopfdruck – mit Strom aus der Steckdose. Übrigens nicht zur am Deutschen Mühlentag, sondern zwischen April und November auch an jedem ersten Sonntag im Monat von 13 bis 16 Uhr.
Windmühlenturm im Gradierwerk
Von Dauernheim nach Bad Nauheim: Auch wenn der Turm am Gradierwerk der „Langen Wand“ von weit her zu sehen ist, dass es sich um einen Windmühlenturm handelt, ist auf den ersten Blick nicht zu erkennen. Denn dem imposanten Bauwerk fehlen die Flügel. Sie wurden während eines Orkans im Herbst 1824 zerstört. Da war das Gebäude 77 Jahre alt. Erbaut wurde der heute mehr als 26 Meter hohe Turm aus dem Taunusquarzit der Steinbrüche am Johannisberg. Vor dem Sturm war seine drehbare Dachkuppel mit Holzschindeln gedeckt, heute endet er in einem Fachwerkbau mit Schieferdach. Der Windmühlenturm gehörte ebenso wie der Waitzsche Turm im Kurpark zu den Industrieanlagen einer der größten Siedesalinen Europas. Ihre Aufgabe: Energie zu liefern, mit der die Sole auf die 3700 Meter langen Gradierbauten gepumpt werden konnte. Zwanzig Meter betrug die Spannweite der Flügel aus Segeltuch. Leider sind diese auch am Waitzschen Turm, benannt nach seinem Erbauer, dem Obersalzgräfe Jakob Sigismund Waitz von Eschen, nicht mehr vorhanden. Wegen der zu hohen Reparaturkosten wurden die Segel 1826 abmontiert. Dass zumindest der Windmühlenturm an der Langen Wand wieder Flügel bekommt, ist das Ansinnen des Vereins Wind- und Wasserkunst Bad Nauheim. Über die geplante Rekonstruktion, aber auch über die Geschichte der beiden hessischen Kulturdenkmäler, informieren Mitglieder des Vereins am Montag (8 bis 17 Uhr) am Windmühlenturm (Gradierwerk 8).
Zu den Soleförderanlagen in Bad Nauheim gehörte auch das Schwalheimer Rad mit seinem 900 Meter langen Feldgestänge. In seiner Art einzigartig. Das Wasserrad und 170 Meter des Gestänges sowie die vier Pumpen sind noch in Fragmenten vorhanden. Ebenso der Pumpenturm, der ehemals eine Windkraftanlage trug. Zum Mühlentag gibt es Führungen am neu errichteten Rad.
Drei Mühlen – drei Jahrunderte
Im benachbarten Hochtaunuskreis setzt erstmals in diesem Jahr das Museumstheater im Hessenpark die Geschichte der Mühlen in Szene. Unter dem Titel „Drei Mühlen – drei Jahrhunderte“ nimmt das Ensemble die Besucher des am Pfingstsonntag und Pfingstmontag jeweils von 11 bis 17 Uhr mit auf eine Zeitreise. Ihre Stationen: die Kappenwindmühle aus Borsfleth, der Auhammer aus Battenberg und die Bockwindmühle aus Pappenhorst – allesamt auf dem Areal des Freilichtmuseums in Neu-Anspach.
Kappenwindmühle aus Borsfleth
Zurück in die 20er Jahre des vergangenen Jahrhunderts, die Zeit zwischen Inflation und Wirtschaftskrise, geht es an der Kappenwindmühle aus Borsfleth. Eine Mühle, wie man sie sich vorstellt, mit einer Kappe und Flügeln, die in den Wind gedreht werden können. Erbaut wurde sie 1822 am Kempaudeich, wieder errichtet 1985/86 im Hessenpark. Bis 1958 war der „Auhammer“ in Battenberg mit seinem oberschlächtigen Wasserrad an der Eder in Betrieb. An der Rekonstruktion der Hammerwerksschmiede erinnern die Schauspieler an die unruhigen Zeiten des Vormärz in Hessen im Jahr 1834. Die Sorgen und Nöte der Bauern am Ende des 18. Jahrhunderts führen sie ihrem Publikum an der Bockwindmühle aus Papenhorst vor Augen. „Der Mühlenzwang und die bürokratische Mühlenordnung an einer hochherrschaftlichen Mühle führen in dieser Epoche zu Missgunst und Betrügereien zwischen den Bauern und dem Müller“, heißt es in der Ankündigung.
Von der Hohemark bis zur Herrenmühle
Gut zu Fuß sollte sein, wer sich mit dem Verein für Geschichte und Heimatkunde Oberursel auf den Weg „Von der Hohe Mark bis zur Herrenmühle“ macht. Circa drei Stunden dauert die geführte Wanderung über den Mühlenwanderweg Oberursel. Sie beginnt um 14 Uhr an der Endstation der U3 Hohe Mark. Weniger anstrengend, aber ebenso informativ ist der Rundgang zu den Mühlen im Stadtgebiet der Taunuskommune. Er beginnt ebenfalls um 14 Uhr am Parkplatz Bleiche 2 und endet in der Mühlenabteilung des Vortaunusmuseums. „Schon im Mittelalter spielten Mühlen in Oberursel eine wichtige Rolle“, lässt der Verein wissen. „Sie unterstützten die Stadtwerdung und prägten das heutige Aussehen der Stadt maßgeblich.“ Allein schon durch ihre stattliche Anzahl: Insgesamt 42 Mühlen gab es einst längs des Urselbachs.
Wie die Römer mit einer Handdrehmühle aus Korn Mehl herstellten, kann man im Archäologischen Park Saalburg selbst ausprobieren. Im Mittelpunkt der Veranstaltungen zum Deutschen Mühlentag in dem Römerkastell steht allerdings die große Getreidemühle. Die Rekonstruktion einer römischen Göpelmühle nach einem Fund aus dem Kastell Zugmantel funktioniert nämlich. Nur wie? Das erklären Experten den Besuchern um 11, 13 und 15 Uhr.