Die Mörlers und ihre Remise

Die Geschichte der Bad Nauheimer Galerie und ihrer Betreiber

Von Britta SprangerRemise3

Vor über 30 Jahren eröffneten Willi und Anne Marie Mörler nach mehrjähriger Bau- und Vorbereitungszeit auf elterlichem Anwesen hoch über den Kuranlagen Bad Nauheims ihre Galerie Remise. Es wurde ein Ort vieler Veranstaltungen für bildende Künstler, verbunden mit Vorträgen, Lesungen, Konzerten, Begegnungen und Diskussionen, bei denen man Anne Marie und Willi Mörler als geniale Gastgeber, Veranstalter und selbstlose Förderer erleben konnte.

Die Mörlers und ihre Remise

Mir ist es zum Beispiel unvergesslich: Als Ernst Dieter Nees, der so gründlich und erfolgreich Forschende und Publizist örtlicher Kulturgeschichte in den Wetterauer Geschichtsblättern wie im Archiv für hessische Geschichte Darmstadt, plötzlich gestorben war und ich – mit vielen Anteilnehmenden – in der Galerie Remise an seine Persönlichkeit und an seine vielen interessanten arbeiten erinnern konnte und danach vorlas aus den gerade bei Bingels in Rockenberg erneut aufgelegten Lebenserinnerungen des Sprudelhof-Architekten Wilhelm Jost, mit dem auch Ernst Dieter Nees sich beschäftigt hatte.

Unvergesslich auch die in der Gelerie Remise vorgestellten Aquarelle von Erich Brücher, der eigentlich Jurist war, aber engagiert viele Jahre hindurch Bau- und Kulturgeschichte Bad Nauheims in seinen Bildern und Vorträgen eindrucksvoll veranschaulichte; so auch in der kleinen Festschrift „Zickzackwege durch Bad Nauheim“, von deren kostbaren handnummerierten Erstexemplaren er mir eines persönlich widmete und für meine Arbeit über Bad Nauheim schenkte.

Im Sommer 2013 gab es in der Galerie Remise erneut Anlass zum Feiern: In einer großartigen Jubiläumsveranstaltung – in einem Haus voller Gäste aus nah und fern – wurde an das 30jährige Bestehen der Galerie erinnert, zugleich mit der Ankündigung: Im Folgejahr, 2014, wird eine umfassende Retrospektive über das vielartige künstlerische Schaffen Willi Mörlers gezeigt werden – aus Anlass seines 80. Geburtstags.

Es sollte ein Rückblick auf Leben und Denken, auf Erfinden und Probieren und Vollenden in den vergangenen 60 Jahren sein; womöglich auch mit Präsentation außerordentlicher und phantasievoller Großformate, die – wie der Künstler mir einmal traurigen Blickes erzählte – „ausjuriert“, das heißt von hiesigen Ausstellungen abgewiesen worden waren.

Eines das "ausjurierten" Bilder von Willi Mörler. (Fotos: Britts Spranger)

Eines das „ausjurierten“ Bilder von Willi Mörler. (Fotos: Britta Spranger)

Willi Mörler, am 22. Dezember 1934 in Bad Nauheim geboren, hatte nach seiner Schulzeit ein solides Handwerk gelernt, das für spätere künstlerische Tätigkeit grundlegende Kenntnisse beitrug; so hatten es auch andere, später als namhafte Künstler gerühmte getan; zum Beispiel Albinmüller, der für die Darmstädter Mathildenhöhe bis heute Erhaltenes schaffen konnte. Willi Mörler erlernte das Malerhandwerk. Er erhielt dafür den Gesellenbrief und später den Meisterbrief. Außerdem hatte er 1954/1955 an der Wiesbadener Werkkunstschule Malerei und Gestaltung studiert. Fortan arbeitete er als selbständiger Malermeister, auch, um aus eigener Kraft seine junge Familie ernähren zu können; denn 1956 hatte er seine Schulkameradin Anne Marie geheiratet, und das Paar sollte sechs prächtige Kinder bekommen.

Kunstvolles – auch witziges – Gestalten

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Zum Malen kam kunstvolles – auch witziges – Gestalten.

In diesen turbulenten Aufbaujahren musste das freie künstlerische Malen und Werken zeitlich zurücktreten. Es wurde aber ab den 1980er Jahren neu belebt und inspiriert besonders durch die Entdeckungen und Eindrücke und deren künstlerische Umsetzungen, die das Paar in alljährlichen reisen in die spanische Inselwelt erlebte. Bald kam zum Zeichnen und Malen kunstvolles – auch witziges – Gestalten, zum Beispiel in Metall, in Stoffen und in Stein und besonders aus dem Altholz knorriger Ölbäume. Dabei sollte „die gewachsene Struktur beziehungsweise die von mir darin gesehenen Formen durch Bearbeitung hervorgehoben und unterstrichen werden“, wie Willi Mörler einst erläuterte.

Über solche und weitere theoretische und künstlerische Maxime und ihre beispielhafte Umsetzung im Gesamtwerk sollte also 2014 eine Retrospektive detailreich und umfassend Auskunft geben. Aber dieses festliche Ereignis war ihm – mit uns allen – leider nicht mehr vergönnt gewesen. Inmitten erster Vorbereitungen starb Willi Mörler am 27. September 2013.

Blick ins Schatzkästlein

Heute muss man bedauern, dass er nicht in vergangenen Jahren dazu gedrängt worden war, endlich seine persönliche Bescheidenheit beiseitelassend, eigenhändig ein Werk-Verzeichnis zu erstellen mit kurzen, nun unwiederbringlich verlorenen, Erinnerungen und versehen mit Anmerkungen möglichst zu jedem Blatt, zu jeder Skizze und vollendeter Arbeit.

Nach dem so plötzlichen Tod ihres Mannes machte Anne Marie Mörler es sich selbst zur Aufgabe, die gemeinsam aufgebaute und mit Leben, Kunst und Ortsgeschichte gefüllte Galerie Remise zu erhalten: Das hieß auch, die geplante große Retrospektive um Sommer 2014 vorzustellen, was lebhaftes und dankbares Interesse fand.

Anne Marie Mörler vor einem ihrer Werke.

Anne Marie Mörler vor einem ihrer Werke.

Eine besondere Aufgabe aber steht noch bevor. Groß war mein Erstaunen, meine Überraschung und Begeisterung, als Anne Marie Mörler mir einen verweilenden Blick in ihr „Schatzkästlein“ gewährte, auf die malerisch festgehaltenen, manchmal sie überwältigenden Naturerlebnisse unter südlichem Himmel. Nachdem sie das Werk ihres Mannes so einfühlsam und faszinierend vorstellen konnte, müsste sie nun dringend ermutigt werden, auch ihr eigenes malerisches Empfinden und Können, in der überraschenden Gestaltung ihrer lebendigen Wahrnehmung, einmal umfassend vorzustellen – womöglich in Vergleich oder gar Kontrast zu den künstlerischen Auffassungen ihres Mannes.

Dazu wünscht man ihr Mut und Kraft und Glück – wie auch zu ihrem 80. Geburtstag, den Anne Marie Mörler am 4. Februar 2015 feiern kann.

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