Ausstellung zum 1. Weltkrieg in Friedberg
Pünktlich zum Kriegseintritt Deutschlands beginnt im Wetterau-Museum in Friedberg eine Ausstellung zum Ersten Weltkrieg. Sie dauert exakt so lange wie der Krieg selbst und wird jährlich aktualisiert.
30 Quadratmeter Mord und Totschlag
Der Krieg war erst wenige Wochen alt, da hatten schon 40 Friedberger auf den Schlachtfeldern ihr leben gelassen. Der meisten waren Kopfschüssen erlegen. Stahlhelme gab es erst ab 1916, sagt Lutz Schneider, Leiter des Stadtarchivs in Friedberg. Am 1. August 1914 war Deutschland in den Krieg eingetreten. Bis Ende September 1914 mussten laut Schneider 500 bis 600 Verwundete im Friedberger Bürgerhospital untergebracht werden.
Das 168er aus Bad Vilbel „auf dem Weg nach Paris“, wie auf dem Schild steht
Pünktlich zum Beginn des Ersten Weltkrieges eröffnet im Wetterau-Museum die Ausstellung „Friedberg und Friedberger im Ersten Weltkrieg“. Sie ist nur 30 Quadratmeter groß. Das Museum muss sparen. Die 30 Quadratmeter sind voll gepackt mit Informationen zum Kriegsausbruch. Abgehandelt wird das erste Kriegsjahr. Die Ausstellung wird so lange dauern wie der Krieg selbst: Viereinhalb Jahre. Etwa im Jahresrhythmus wird sie auf den Stand des jeweiligen Kriegsjahres gebracht, sagt Museumsleiter Johannes Kögler. Die Ausstellung über den Krieg vor 100 Jahren sei doppelt interessant, sagt Bürgermeister Michael Keller (SPD), der gelernter Historiker ist. Einmal historisch, zum anderen aber auch durch die aktuelle Situation. Es sei „dünne Luft zwischen Krieg und Frieden“.
Wie barbarisch Krieg ist, zeigen die Ausgestellten Bajonette, mit denen sich die Soldaten niedermetzelten. An der Wand das Grabkreuz von „Oberleutnant Müller aus Friedberg Hessen“, der 30. Oktober 1914 gefallen ist. Das Kreuz landete irgendwann im Museum. Woher es stammt, ist nicht bekannt, sagt Kögler. Der Bestand des Museums aus der Zeit des Ersten Weltkrieges ist umfangreich: Bajonette, Gewehre, Helme … Und auch im Stadtarchiv gibt es reichlich Material. Vor allem Fotos. „Jeder Soldat, jedes Regiment wollte sich fotografieren lassen“, sagt Schneider. Die Wartbergkaserne Friedberg war kurz vor Kriegsbeginn gegründet worden. Später wurde ein Offiziersgefangenenlager eingerichtet. Das soll im nächsten Abschnitt der Ausstellung dargestellt werden, kündigt Schneider an.
„Der Krieg verändert den Alltag“ ist eine Tafel der Ausstellung überschrieben. Weiter steht dort: „Am 12. August beginnt das Rote Kreuz damit, in Friedberg die ersten Lazarette einzurichten. Die ersten Lazarettzüge mit über 236 Verwundeten treffen am 28. August ein.“
Der aus Butzbach stammende Schriftsteller Ernst Glaeser habe den Kriegsausbruch sehr gut beschrieben, sagt Keller. In seinem Buch „Jahrgang 1902“ beschreibt Glaeser eine Situation auf einem Bahnhof: „Gegenüber auf dem Gleis stand ein langer roter Transportzug. In den breit geöffneten Türen der Viehwagen hingen wie ein Bündel brauner Früchte lachende runde Soldatengesichter. Die Wagen wogten in Laub und Fahnen, ihre Fronten waren mit Kreise übermalt. In weißen Kleidern und lustigen Rudeln liefen junge Mädchen zu den Soldaten und steckten ihnen Blumen an die Brust. In der Mitte des Zuges, vor einem Wagen zweiter Klasse, wo die Offiziere in schönen Uniformen und glänzenden Ledergamaschen auf und abgingen, spielte eine Militärkapelle flotte Märsche und heitere Volkslieder. Als ein hübscher Soldat ein weißgekleidetes Mädchen um die Hüfte packte und ihm mitten auf den Mund einen Kuss gab, brüllte der ganze Bahnhof hurra. Dauernd rollten neue Militärzüge ein. Selbst die Kanonen auf den flachen Güterwagen waren mit Blumen und Laub besteckt. An den Abteilen der Offiziere hingen sogar kleine Birken, mit sehr bunten Bändern geschmückt, manchmal mit einer Wurst. Alle Menschen lachten, am meisten die Soldaten.
Fuhren sie in die Ferien oder auf eine Kirmes?“