Von Picasa zu Pegida

Streifzug durch die Landschaften des Ärgers

Nissens Woche – die einundfünfzigste

Klaus

Sprechen wir über Probleme. Wenn ich sie ernst nehme, steht da immer ein Riesen-Berg vor mir. Die eigenen Problem-Neuzugänge dieser Woche wären mir schon genug: Wo kann ich Nachschub-Filtertüten für den Sebo-Staubsauger X/C/370 kaufen? Woher nehme ich das viele Geld für meine neue Zahnkrone unten links? Und warum, zum Teufel noch mal, lässt mich das frisch installierte Fotoprogramm Picasa nicht in Ruhe all jene Fotos aussuchen, die ich vom Ipad auf den PC übertragen will? Stattdessen kopiert es in einem Wahnsinnstempo los, macht dann aber bei Bild 71 schlapp und beendet das Programm. Die FAQ-Seite im Netz zeigt mir, dass viele, viele andere Menschen ähnliche Probleme mit Picasa haben.

Streifzug durch die Landschaften des Ärgers

Geht es Ihnen auch so, dass Sie zusätzlich zu den eigenen die Probleme der ganzen Menschheit wälzen? Es empört mich, dass die Amerikaner zwar von Menschenrechten reden, aber ihre Gefangenen systematisch foltern. Dass viele junge Italiener, Spanier und Griechen keine Arbeit finden. Ich ärgere mich darüber, dass SPD und CDU im Rhein-Main-Regionalverband gerade eine gut bezahlte Planstelle für einen Dezernenten schaffen. Nicht wegen der Arbeit, sondern um der CDU eine Pfründe zu verschaffen. Die Büdinger Anti-Flüchtlings-In itiative halte ich für überflüssig und schädlich. Es ärgert mich schließlich, dass CDU und SPD an meiner früheren Wirkungsstätte im mecklenburgischen Neustrelitz das Tanztheater einsparen. Solche Kulturangebote müssten andererseits auch mehr genutzt werden.

 

Die Neustrelitzer Tanzkompagnie bei einem Auftritt in Neubrandenburg. Dem Land Mecklenburg-Vorpommern werden die Tänzer jetzt zu teuer, die Kompagnie ist gefährdet. Mir fallen andere Dinge ein, die man eher einsparen sollte. Foto: Nissen

Die Neustrelitzer Tanzkompagnie bei einem Auftritt in Neubrandenburg. Dem Land Mecklenburg-Vorpommern werden die Tänzer jetzt zu teuer, die Kompagnie ist gefährdet. Mir fallen andere Dinge ein, die man eher einsparen sollte. Foto: Nissen

Am meisten las und grübelte ich in dieser Woche über die Pegida. Habe immer noch nicht ganz verstanden, was diese Leute umtreibt. Woher ihre Angst kommt. Man könnte sich ja amüsieren, dass etliche von ihnen tatsächlich den Einfall von Schwerter schwingenden IS-Killern ins östliche Sachsen befürchten. Doch ich empfinde die Pegida-Leute nicht als Deppen-Truppe, sondern eher als vage Bedrohung. Was wäre, wenn die einen charismatischen Anführer fänden? Jeder dritte Deutsche hat angeblich eine pegida-kompatible Weltanschauung. Abstruse, teils völkische Vorurteile habe ich schon oft auch bei Gesprächen mit sonst sympathischen Zeitgenossen feststellen müssen. Erschreckend, welcher Stuss dabei heraus kommt. und welche immense Fremdenfeindlichkeit. Die ARD hat ein paar Interviews mit Pegida-Demonstranten ins Netz gestellt:

www.daserste.ndr.de/panorama/archiv/2014/PEGIDA-ROH-2,panorama5344.html

Neu ist, dass sie zusammen auf die Straße gehen, auf der Suche nach einfachen Verhältnissen und einem Führer. Das ist hoffentlich zum Scheitern verurteilt, aber auch ein Akt der Emanzipation. Jeder hat hier das Recht, auch den größten Unsinn öffentlich auszusprechen, so lange er sich an demokratische Spielregeln hält.

Man sieht nun, dass die Pegida-Leute den Diskurs mit Journalisten, Politikern und Mediatoren scheuen. Manche aus blankem Hass. Und andere, weil sie spüren, dass sie der Diskussion nicht gewachsen wären. Ich hoffe, dass die Politiker diesen ängstlichen Menschen nicht nach dem Munde reden. Ich hoffe, dass die Pegida-Leute am öffentlichen Widerstand merken, dass sie eine Minderheit sind. Sie müssen erkennen, dass sie ihre Ängste nur dann verlieren, wenn sie die Komplexität der Wirklichkeit anerkennen und bereit zu neuen Erfahrungen sind. Die Leute aus Frankfurt, Offenbach und Co haben da schon einen gewissen Vorsprung.

 

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